Ziel: Eine Archenflotte für bedrohte Arten
Der Naturschutzverband Sachsen sieht ehemalige Bergbauflächen als ideale Rückzugsgebiete für Flora und Fauna an. Die Wiederausbreitung soll von hier aus beginnen.
Steffen Jankowski, Freie Presse Freiberg, 28.09.2021:
Tobias Mehnert vom Naturschutzverband Sachsen (Nasa) vergleicht die Kiesgrube Langhennersdorf mit der Arche Noah: "Wie bei dem biblischen Rettungsboot geht es darum, das Überleben der Arten zu sichern." Das reichlich einen Hektar große Areal diene als Rückzugsraum für Tier- und Pflanzenarten, die in der Kulturlandschaft keinen oder nicht mehr genügend Lebensraum fänden.
Der Vereinschef denkt dabei unter anderem an Kamm- und Teichmolch, Erdkröte, Grasfrosch, Blindschleiche, Waldeidechse und Ringelnatter. An der Grube, die 1873 aufgefahren worden sei, um Kies für den Bau der Eisenbahnlinie Nossen-Freiberg zu gewinnen, gebe es auch mehr als ein Dutzend Libellenarten. Auf dem Gelände haben sich Himmelsweiher gebildet - die Teiche haben keine Anbindung an ein Fließgewässer. Sie sind daher nährstoffarm und ohne Fische; davon profitieren vor allem Amphibien.
1991 habe der Verein die Fläche am Unterdorf von Langhennersdorf mit Hilfe des Bundesumweltministeriums erworben. Seither seien das Areal wiederholt entschlammt sowie kleinere Tümpel und zahlreiche Versteckmöglichkeiten wie Holz-, Kies- und Erdhaufen geschaffen worden. Der Freistaat habe aus seinem Naturschutzprogramm "Natürliches Erbe" 106.000 Euro für Bauleistungen durch Fremdfirmen zugeschossen, berichtet der 60-Jährige.
Im Unterschied zum Patriarchen Noah baut der Gahlenzer Verein gleich eine ganze Flotte von Rettungsbooten - die Flächen reichen bis nach Thüringen. Im benachbarten Freistaat habe die Basalt-Actien-Gesellschaft kürzlich den Steinbruch Dörtendorf in die "Arche Naturprojekte" seines Vereins eingebracht, so Mehnert. Auf der 30 Hektar großen, renaturierten Abbaufläche könnten sich künftig aufgrund der Störungsarmut die europäische Wildkatze und viele andere Tier- sowie Pflanzenarten ansiedeln.
Ein Anliegen sei auch, Kindern die Themen Bioökonomie und Biodiversität praktisch näherzubringen: "Engagierte Lehrer könnten dazu auf geeigneten Flächen mit ihren Schülern Patenschaften übernehmen." Auch wenn einzelne Aktivitäten des Vereins finanziell gefördert würden, bleibe viel ehrenamtliche Arbeit zu tun. So müsse nach dem Rechten gesehen, Unrat beseitigt und eine Biotopstruktur gestaltet werden.
Bei den "Arche-Naturschutzprojekten" arbeitet der Gahlenzer Verein mit Partnern beispielsweise von der Hochschule Mittweida und dem Bundesministerium für Bildung und Forschung zusammen. Konflikte gibt es dagegen zuweilen mit Motocrossfahrern, Mountainbikern und wilden Campern - die hätte Noah in seiner Arche wohl auch nicht geduldet.
